Zum zweiten Mal in diesem Jahr tagte die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte. Am 9. November traten die Kammerrät:innen aller Fraktionen zusammen, um neue wegweisende Beschlüsse für die AK Wien zu treffen. Für uns ist klar, die FSG und die Arbeiterkammer sind die Stimme aller Arbeitnehmer:innen, daher sind unsere Anträge darauf ausgerichtet, die Teuerung endlich zu bekämpfen, und eine echte Lohnerhöhung für alle Branchen zu erreichen!



Die Schieflage in Österreich nimmt zu: Trotz der Pandemie, der Teuerungs- und der Energiekrise gibt es Reiche, die immer reicher werden, während auf der anderen Seite viele Menschen gar nicht mehr wissen, wie sie ihre täglichen Ausgaben meistern können. Corona hat diese Ungleichheiten deutlich sichtbar gemacht, die sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen sind noch bei weitem nicht überwunden. Der Energiepreisschock setzt gerade geringe Einkommen unter Druck und verschärft die zunehmende Verteilungsschieflage noch weiter. Zudem hat der heurige Sommer gezeigt, dass bereits jetzt massive Auswirkungen der Klimakrise auch in Österreich spürbar werden, die verletzliche Gruppen, wie ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Menschen oder jene mit geringen Einkommen, besonders treffen.
In dieser Situation zeigt sich einmal mehr, wie unverzichtbar der Sozialstaat ist, um Wirtschaft und Gesellschaft zu stabilisieren. Deshalb braucht es eine Stärkung und ein klares Bekenntnis zum österreichischen Sozialstaat, genauso braucht es aber effektive Maßnahmen, die die Teuerungswelle stoppen und abfedern.
Was es jetzt braucht, ist ein Stopp der massiven Mietpreiserhöhungen, Mieten sollen maximal einmal im Jahr um maximal 2 Prozent erhöht werden. Abgesehen davon braucht es endlich eine nachhaltige Mietrechtsreform! Das Heizen und der Stromverbrauch werden immer teurer, Viele können sich eine warme Wohnung kaum noch leisten, deshalb braucht es einen Preisdeckel fürs Heizen und den Strom! Für Menschen ohne bezahlte Beschäftigung braucht es jetzt mehr Unterstützung, von daher muss das Arbeitslosengeld auf 70 % der Nettoersatzrate angehoben werden. Auch Zuschüsse fürs Heizen müssen angehoben werden und für mehr Menschen zugänglich gemacht werden.
Finanziert kann dies über eine Besteuerung von großen Unternehmen, die durch die Teuerung massive Gewinne einstreichen, werden. Eine Übergewinnsteuer etwa für Energiekonzerne, progressive Erbschafts- und Vermögenssteuern, eine Rücknahme der KÖSt Senkung und eine effektive Bekämpfung von Steuerhinterziehung, würden eine ausreichende Finanzierung des Sozialstaates ermöglichen!
Die Klimakrise beeinflusst, welche Berufe, Qualifikationen und Kompetenzen am Arbeitsmarkt nachgefragt werden. Gleichzeitig macht ambitionierte Klimapolitik, insbesondere das Ziel, den Einsatz fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) immer weiter zu verringern (Dekarbonisierung), massive Veränderungen in der gesamten Arbeitsleistung, in der Arbeitsweise und in den ausgeführten Tätigkeiten notwendig. Es braucht daher eine Arbeitsmarktpolitik, die auf die Auswirkungen der Klimakrise auf den Arbeitsmarkt sowie die Anforderungen der Klimapolitik reagiert.
Deshalb muss jetzt in die Zukunft investiert werden, es braucht eine umfassende AMS-Strategie für Umqualifizierungen von Arbeitnehmer*innen, deren Berufe aufgrund der Bekämpfung der Klimakrise in Gefahr sind. Genauso soll durch eine Jobgarantie nach dem AK Modell sozial verträgliche und ökologisch nachhaltige Beschäftigung geschaffen werden. Um all dies zu ermöglichen braucht es eine langfristige Ausstattung des AMS mit den nötigen finanziellen und personellen Ressourcen.
Care-Arbeit ist (über-)lebensnotwendig für das Funktionieren einer Gesellschaft. Care-Arbeit ist jene Arbeit, die nötig ist, um durch die Befriedigung von Bedürfnissen für das Wohl einzelner Menschen oder Personengruppen während der gesamten Lebensspanne zu sorgen. Zur Care-Arbeit zählen sowohl private, informell und unbezahlt im Haushalt erbrachte Arbeit (zB Hausarbeit, Kindererziehung, Begleitung bei Krankheit und Beeinträchtigung) als auch formelle, beruflich erbrachte und bezahlte Leistungen in verschiedenen Dienstleistungsbereichen, wie Bildungs- und Gesundheitswesen, Einrichtungen der sozialen Arbeit, Langzeitpflege oder die Begleitung von Menschen mit Behinderungen. Diese Arbeit wird in unserer Gesellschaft vorwiegend von Frauen geleistet.
Für ein gutes Leben müssen sowohl das persönliche Wohlergehen in allen Altersstufen als auch ein förderliches soziales Umfeld entwickelt und bewahrt werden. Diese Aufgaben stellen bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit sicher und sind damit die Grundlage für unser soziales Zusammenleben. Care-Arbeit steckt allerdings vielfach in der Krise: Entgegen seiner gesellschaftlichen Relevanz ist der Care-Sektor durch schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Entlohnung und einer eklatanten Personalnot charakterisiert. Es besteht ein massiver Mangel an professionellen Angeboten der Care-Arbeit, die für Entlastung der Familien, qualitätsvolle Begleitung unterstützungsbedürftiger Menschen sowie ökonomische Wertschöpfung und soziale Sicherheit sorgt.
Zur Lösung dieser Problemstellungen braucht es einen Maßnahmenmix, einerseits müssen jene, die unbezahlte Care-Arbeit leisten, durch öffentliche Angebote entlastet werden, andererseits braucht es eine ausreichende Bezahlung jener, die Care-Berufe ausüben. Damit soll hochwertige Care-Arbeit gesichert werden. Ebenso braucht es attraktive Ausbildungsmechanismen, die junge Menschen ermutigen eine Care-Ausbildung anzustreben. Das gelingt durch eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen und eine attraktive Ausbildung, welche kostenfrei und durch ausreichende Stipendien, existenzsichernd ist.
Die aktuelle Teuerungsrate ist eine enorme Belastung für die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich. Seit Mitte der 1970er Jahre wurde keine so hohe Geldentwertung beobachtet. Die Energiekrise seit 2021 ist und wird mit schockartigen Preissteigerungen für alle Energieträger verbunden sein. Bei den Firmen kommen diese Preissteigerungen teilweise unmittelbar, teilweise mit geringer Verzögerung an. Die privaten Haushalte spüren die Folgen der Teuerung mit mehrmonatiger Verzögerung, sodass die besonders massiven Preisschocks im Jahr 2022 teilweise erst Ende 2022 bzw Anfang 2023 spürbar sein werden.
Das System, wie wir es bis jetzt gekannt haben, muss dringend an die aktuellen Verwerfungen angepasst werden, es braucht rasche und effektive Lösungen gegen die Teuerungswelle! Hier einige zentrale Bekämpfungsmechanismen
- Gasmarkt vom Strommarkt trennen
- Gewinnsteuer zur Abschöpfung krisenbedingter Übergewinne
- Einrichtung einer Antiteuerungskommission und ein wirkungsvolles Preisgesetz
- Schutzschirm zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit – Staatsgarantien für Energieversorger
- Gesetzliche Vorgaben, welche Gasimporteure verpflichten, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten
- Energiesparkampagne, Energieeffizienzgesetz, Erneuerbares Wärmegesetz
- Es braucht jetzt eine Fachkräfteoffensive
Alle Antragspunkte findest du bei den Beschlüssen der 178. Vollversammlung
Für den Schulerfolg ist bekanntermaßen entscheidend, ob die Eltern über ausreichend Zeit, Geld und Bildung verfügen, um ihre Kinder zu unterstützen und zu begleiten. Der Schulerfolg ist damit in einem hohen Maß privatisiert. Dieser bildungspolitische Systemfehler trifft nun auf eine immense Teuerungswelle – mit drastischen Auswirkungen für die Kinder.
Die massive Teuerungswelle darf die (Aus-)Bildung von Kindern und Jugendlichen nicht gefährden, von daher braucht es ein zusätzliches Schuldbudget für Schulmaterialien. Ebenso muss die leistbare Ganztagesbetreuung sichergestellt werden, genauso wie die Teilnahme der Kinder und Jugendlichen an Freizeitaktivitäten. Gezielt müssen armutsgefährdete Familien und Alleinerziehende entlastet werden, etwa über eine Anhebung des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe sowie eine Unterhaltsgarantie.
Der Wohnungsmarkt muss die Wohnbedürfnisse der Mieter:innen abdecken und darf nicht für Spekulation da sein. Für Durchschnittsverdiener:innen und junge Menschen sind die eigenen vier Wände oft jetzt schon schwer leistbar. Deshalb muss die Widmungskategorie “Geförderter Wohnbau” weiter gestärkt und optimiert werden. Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Wirksamkeit verbessert, Umgehungsmöglichkeiten geschlossen und die Treffsicherheit erhöht werden muss. Daneben gilt es Kostensteigerungen im Bereich der Baumaterialien und stockende Lieferketten im Auge zu behalten und mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren.
Damit mehr sozialer und damit leistbarer Wohnraum geschaffen wird, braucht es eine Anpassung der gesetzlichen Vorraussetzungen, so soll auf neu gewidmeten Flächen mit der Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ die Verpflichtung zur Errichtung geförderter Wohnungen von derzeit 2/3 gefördertem Wohnbau auf mindestens 4/5 erhöht werden. Um sicherzustellen, dass auch auf kleineren Bauplätzen in Zukunft geförderter Wohnbau errichtet wird, muss die Projektgröße, ab welcher die Widmung jedenfalls zur Anwendung kommt, von derzeit 5.000m2 Brutto Grundfläche auf 2.500m2 reduziert werden.
Alle weiteren Beschlüsse findest du hier.